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Pinkeln Impossible, und warum Rot keine gute Jackenfarbe ist

Gewidmet allen Mehrhundehalterinnen, die draußen auch mal hinter einen Busch müssen

 

Es ist Wandertag. Ich muss nicht arbeiten, das Wetter ist gut und somit gibt es nichts Besseres, als gemeinsam mit den Hunden durch die Natur zu streifen. Am Schönsten ist es, gleich nach dem Frühstück mit dem Rucksack loszuziehen, der Nase nach zu laufen und einfach mal nicht auf die Uhr zu schauen. 

Tier und Mensch sind glücklich. Jeder verfolgt seine eigenen Interessen. Ich genieße die Landschaft und versuche, schöne Fotos zu machen. Die Hunde zeigen vollen Einsatz und haben es sich offensichtlich zum Ziel gesetzt, alles zu markieren, was ihnen am und auf dem Weg begegnet. Das Problem einer vollen Blase kennen sie an solchen Tagen nicht. Ich dagegen schon. Irgendwann kommt der Moment, da möchte der Kaffee vom Frühstück einfach auch mal die Gegend kennenlernen. Da ich mich gerne etwas ziere, gestaltet sich die Suche nach einem geeigneten Sichtschutz für mein Vorhaben nicht immer ganz einfach.

Hier bei uns gibt es viel Wald und auch zahlreiche Hecken an den Feldrändern. Also eigentlich sollte das Projekt „Frauchen muss pinkeln“ problemlos durchgeführt und zu Ende gebracht werden können. Eigentlich. Man stellt sich das so idyllisch vor, bevor man Hunde zu sich ins Haus holt. Und auch mit einem einzelnen hündischen Begleiter an der Seite ahnt man noch nicht, welche Schwierigkeiten Mehrhundehalterinnen in dieser Situation zu bewältigen haben. 

 

Frederik, Buddy und ich sind also unterwegs und ich mache mich auf die Suche nach einer geeigneten Stelle, um mich zu erleichtern. Man ist ja nicht alleine auf der Welt, und meistens sind auch andere Wanderer, Spaziergänger oder Fahrradfahrer unterwegs. So haben wir zwar oft freie Bahn, sind aber trotzdem nie wirklich alleine. Das ist auch ganz gut so, denn wenn ich stundenlang gar niemandem begegne, frage ich mich immer, ob ich noch auf dem richtigen Weg bin. Und das Lesen von Wanderkarten gehört definitiv nicht zu meinen Stärken. Aber zurück zum Thema.  

Beim Pinkeln möchte Frau lieber keine Zuschauer haben. Von der Entscheidung, einen geeigneten Platz zu suchen, bis zum Finden einer Stelle, die mir wirklich sympathisch ist, kann also schonmal ein wenig Zeit ins Land ziehen. Denn entweder kommen mir gerade dann, wenn ich fündig geworden bin, Menschen entgegen oder da ist ein Kreuzung direkt in der Nähe, oder ich hätte doch lieber mehr Sichtschutz oder weniger Gestrüpp auf dem Boden, oder oder oder…. Frauen können ganz schön kompliziert sein. 

Aber gut, der perfekte Platz ist gefunden und ich gehe davon aus, dass hier auch in den nächsten Minuten keine Menschenmassen passieren werden.

Nun heißt es, schnell die Hunde einzusammeln. Die Zeit läuft. Man weiß nie, wann die nächsten Radfahrer oder Spaziergänger vorbeikommen. Buddy ist natürlich wieder viel zu weit vorausgelaufen. Außerdem muss er sowieso erstmal abchecken, warum er seine eigenen, wichtigen Markierungsarbeiten unterbrechen soll. Aber irgendwann ist er dann da. Frederik, der sich sonst immer in meiner Nähe und eher hinter mir befindet (damit ich nicht sehe, wenn er Blödsinn anstellt), kommt nun, wo Buddy an der Leine ist, auf die Idee Anführer unseres Rudels zu sein. Er wird plötzlich unglaublich schnell. Also muss auch Frederik eingesammelt werden. 

Bis ich meine Meute erfolgreich angeleint habe vergehen schon wertvolle Sekunden, die mir wie Tage vorkommen. Aber nun ist es geschafft und ich versuche schnell und unauffällig im Gebüsch zu verschwinden. Ich sag nur: Mit 2 Hunden an der Leine und roter Jacke – Pinkeln beinahe impossible. 

Die beiden freuen sich, dass wir endlich mal abseits der Wege Abenteuer erleben, fallen sofort in den Jagdmodus und suchen nach Spuren und Fährten. Sie verfolgen eben ihre eigenen Ziele. Ein Hund zieht nach vorne, der andere nach rechts oder links – auf jeden Fall geht keiner in die Richtung, die ich eigentlich einschlagen wollte. Die Stimmung droht zu kippen. Geduld gehört nicht zu meinen Stärken, wenn ich wirklich mal dringend austreten muss. 

Sobald ich den beiden klar gemacht habe, dass sie mal für ein paar Minuten nicht tun dürfen, was sie wollen, sind sie auch nicht mehr wirklich kooperativ. Sie zeigen mir ganz deutlich, dass sie nicht einsehen, warum sie sich nur mir zu liebe durch Dornen und Gestrüpp kämpfen sollen. Schließlich müssen sie ihre empfindlichen Pfötchen noch für spannendere Aktivitäten schonen. 

 

Aber irgendwann ist es dann soweit. Wir sind am Ziel angekommen, es sind noch keine Passanten aufgetaucht und endlich – endlich darf der Kaffee an die frische Luft. Ihr kennt das Gefühl…. Und auch die Stimmung verändert sich schlagartig wieder zum Guten. Das Leben ist wieder schön, die Vögel singen, die Bienen summen und nachdem ich meine vielen unterschiedlichen Kleidungsschichten dann irgendwann wieder in die richtige Reihenfolge gebracht habe, kann unser fröhlicher Ausflug weitergehen.

 

Nicht zu unterschätzen ist bei solchen Abenteuern übrigens die Farbe der Kleidung. Sobald man Tiere um sich hat, erkennt man ganz klar die Vorzüge dunkler Farben. Gerade bei Jacken, die man nicht jede Woche waschen möchte, sind ein unempfindliches Material und „schmutztolerante“ Farben ein echter Vorteil. Aber, was soll ich sagen, da war diese Jacke, die ich unbedingt haben wollte. Ich glaube, sie wollte auch zu mir. Sie war leider nur noch in Rot in meiner Größe erhältlich und ich habe mich anfangs ehrlich über den Farbtupfer in meiner Garderobe gefreut. Wo meine Vernunft im Moment der Kaufentscheidung geblieben ist, kann ich leider auch nicht sagen. Vermutlich genau dort, wo sie vor Jahren schonmal war, als ich mir eine fast weiße Jacke für die Gassirunden gekauft habe. Manche Fehler macht Frau eben doch mehrmals im Leben. 

 

Das oben beschriebene Prozedere in diesem Outfit durchzuführen ist auf jeden Fall, irgendwie….. sagen wir es so: ich könnte mir genauso gut ein rotes Blinklicht auf den Kopf setzen oder einen Ghettoblaster mit lauter Musik mit mir rumtragen. Unauffällig und vor allem schnell im Gebüsch zu verschwinden funktioniert eben nicht mit einer roten Jacke und zwei Hunden an der Leine. 

Dafür kann ich aber auch nicht so schnell verloren gehen, denn ich falle ja auf. 

Wie immer hat wirklich alles seine Vor- und seine Nachteile.

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